Stell dir vor, du streifst vor rund 10.000 Jahren in Vorderasien durch die Landschaft und hast ein Problem: Deine Familie hat Hunger und du findest nicht genug Früchte, Körner und Blätter beim Sammeln. Es reicht nicht aus, um satt zu werden. Während du die mit Körnern bestückten Grashalme im Wind wehen siehst, kommt dir der Gedanke, einige der Körner abzunehmen und zu Hause in die Erde zu legen. Vielleicht wachsen sie ja direkt vor der Tür? Gesagt, getan. Die Pflänzchen wuchsen und gediehen. Die Kultivierung des Weizens war geboren. So oder so ähnlich könnte es damals gewesen sein:
Die Revolution für den Siegeszug des Getreides um die Welt hatte begonnen.
Getreide: Ein Korn geht um die Welt
Die faszinierende Geschichte der glutenhaltigen Getreidesorten begann wahrscheinlich mit dem Anbau von Weizen in Vorderasien. Nach der Entdeckung von Weizen begann die Kultivierung und Verbreitung des Getreides. Es wurden immer neue Sorten gezüchtet und angebaut, die an die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen angepasst waren. Weizen wurde zu einer der wichtigsten Nahrungsquellen und spielte eine bedeutende Rolle in der Entwicklung von Kulturen und Zivilisationen. Es war ein Symbol für Reichtum und Wohlstand und trug maßgeblich zur Entstehung von Städten und Gemeinschaften bei. Heutzutage ist Weizen eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte weltweit und wird in vielen Ländern angebaut.
Auch in anderen Teilen der Welt wurde Getreide (unabhängig voneinander) entdeckt und angebaut, da es eine wichtige Nahrungsquelle ist und reich an Nährstoffen.
Der Anbau von Gerste geht wahrscheinlich noch weiter zurück. Zudem werden Roggen und Hafer seit Jahrtausenden kultiviert und gehören zu den ältesten Getreidesorten.
Im Laufe der Zeit verbreitete sich der Anbau von glutenhaltigem Getreide in der ganzen Welt. Weizen, Roggen und Gerste wurden in Europa und Westasien angebaut, während Mais in Mittelamerika, Reis in Ostasien und Hafer in Nordeuropa und im Kaukasus heimisch wurden. Heute wird Getreide weltweit angebaut, soweit die klimatischen Verhältnisse dies zulassen.
Ursprünge der Getreidenahrung
Eines der ersten Produkte, die aus dem kultivierten Getreide hergestellt wurden, war wahrscheinlich nicht Brot, sondern Bier. Das Bier wurde aus Wasser, Getreide, Kräutern und Pflanzen fermentiert. Dies hatte große hygienische Vorteile: Bier war eine sichere Möglichkeit, Wasser zu trinken, das meistens durch Verunreinigungen wie Bakterien und Parasiten verseucht war und zu Krankheiten führte. Zudem war Bier eine wichtige Quelle für Nährstoffe und konnte zur Linderung von Schmerzen oder Krankheiten eingesetzt werden. Das Bier war jedoch nicht wie heute klar und flüssig und lange haltbar, sondern mehr ein flüssiger Brei, da es noch nicht gesiebt und gefiltert wurde.
Neben Bier war Brei wahrscheinlich eines der Produkte, die zeitgleich aus Getreide hergestellt wurden. Dabei wurde das Getreide gemahlen und mit Wasser zum einem sättigendem Brei gekocht.
Auch Suppen und Eintöpfe wurden aus Getreide hergestellt und waren in vielen Kulturen die wichtigste Nahrung.
Geschichte des Brotes: Backtraditionen aus aller Welt
In Europa wurde Brot ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. aus verschiedenen Getreidesorten gebacken, darunter auch Roggen, Weizen und Gerste. Anfangs wurde es auch hier auf heißen Steinen gebacken, später wurden auch Ton- und Holzöfen verwendet.
In Ägypten wurde Brot schon vor mehr als 5000 Jahren aus Emmer- und Einkornweizen gebacken. Das Brot war flach und rund und wurde auf heißen Steinen gebacken.
In Indien gibt es eine lange Tradition des Tandorri-Brotes. Das Brot wird im Tandoor-Ofen aus Lehm gebacken und hat eine flache runde Form.
In vielen Ländern insbesondere Nordamerika, wird Stockbrot über offenem Feuer gebacken. Stockbrot kennt glaube ich jeder von uns von Grillfesten oder Lagerfeuern.
Knäckebrot hat seinen Ursprung in Skandinavien, wo es aufgrund der rauen klimatischen Bedingungen schwierig war Hefebrote zu backen. Stattdessen wurde Brot ohne Triebmittel hergestellt, dünn ausgerollt, gebacken und getrocknet um es haltbarer zu machen. Das Brot wurde später auch in Zeiten der Nahrungsmittelknappheit oder auf langen Reisen verwendet.
In China wurde Brot aus Hirse, Reis oder Weizen gebacken, oft in runder Fladenform und schon lange bevor das Getreide im Nahen Osten zur Kultivierung entdeckt wurde.
Das Brotbacken hat eine lange und vielseitige Geschichte in vielen Kulturen.Brot ist in allen Ländern eng mit der regionalen Kultur und Geschichte verbunden.
Von einfachem Fladenbrot bis hin zu aufwendigsten Backkreationen gibt es unzählige Brotsorten in allen Teilen der Erde.
Nicht nur in Deutschland ist Brot ein wichtiger Bestandteil der Küche. Wobei Deutschland den Ruf der "Brotnation" hat, aufgrund der vielen verschiedenen Brotsorten.
Getreide: Revolution in allen Bereichen
Getreide hat die Zivilisation in vielerlei Hinsicht revolutioniert.
- Landwirtschaftliche Revolution: Die Einführung des Anbaus von Getreide führte zur Entstehung der Landwirtschaft und damit zur sesshaften Lebensweise der Menschen. Die Landwirtschaft erlaubte es den Menschen, sich auf die Produktion von Nahrungsmitteln zu konzentrieren und überschüssige Nahrungsmittel zu speichern und zu handeln.
- Ernährungsrevolution: Getreide hat dazu beigetragen, den Hunger zu besiegen und die menschliche Ernährung zu revolutionieren. Es ist eine zuverlässige, wichtige und sättigende Quelle für Kohlenhydrate, Proteine, Ballaststoffe und Vitamine.
- Wirtschaftliche Revolution: Die Landwirtschaft und der Handel mit Getreide waren die Grundlage für die Entstehung von Städten, Handel und Wohlstand. Der Handel mit Getreide ermöglichte den Austausch von Waren und brachte unterschiedliche Kulturen und Völker zusammen.
- Technologische Revolution: Der Anbau und die Verarbeitung von Getreide haben zur Entwicklung von Technologien und Werkzeugen geführt, die für die Menschheit von großer Bedeutung waren. So wurden z.B. Pflüge und Erntemaschinen entwickelt, um den Anbau und die Ernte von Getreide zu erleichtern.
Es gibt noch weitere Aspekte der Getreiderevolution, die die menschliche Gesellschaft verändert haben.
- Bevölkerungswachstum: Der Anbau von Getreide ermöglichte es, größere Bevölkerungszahlen zu ernähren, da Getreide im Vergleich zu Wildpflanzen eine höhere Ernteausbeute hat.
- Handel: Der Anbau von Getreide führte auch zur Entwicklung von Handelsbeziehungen, da überschüssiges Getreide verkauft oder gegen andere Waren eingetauscht werden konnte.
- Arbeitsteilung: Die Landwirtschaftliche Produktion von Getreide erfordert spezialisierte Kenntnisse und Fähigkeiten, was zu einer Arbeitsteilung innerhalb der Gesellschaft führte. Menschen, die sich auf den Anbau von Getreide spezialisierten, tauschten ihre Produkte mit anderen Handwerkern und Händlern.
- Technologische Innovation: Die Landwirtschaftliche Produktion von Getreide erfordert auch den Einsatz von Werkzeugen und Technologie, was zur Entwicklung neuer landwirtschaftlicher Techniken und Geräte führte.
Mein Fazit:
Auch wenn wir aufgrund unserer Glutenunverträglichkeit auf glutenhaltiges Getreide verzichten müssen, mindert das keinesfalls die Bedeutung, die Getreide für die Menschheit hatte und hat. Selbst wenn wir es nicht essen können, beschäftigen wir uns oft mit Getreide und Gluten, sei es nur, um unser Brot so traditionell wie möglich zu halten, weil wir es früher gerne gegessen haben.
Die Getreiderevolution ist noch lange nicht abgeschlossen, und wer weiß, welche Innovationen im glutenfreien Getreidebereich noch auf uns warten. Ich finde es unglaublich faszinierend, wie Getreide die Welt verändert hat und was es mit Gluten auf sich hat.
Es ist von großer Wichtigkeit zu wissen, in welchen Lebensmitteln Gluten enthalten ist, um unsere Gesundheit zu schützen.
Im dritten Teil meiner Serie über Gluten werden wir uns mit dem modernen industriellen Einsatz von Gluten auseinander setzen, während wir im vierten Teil weitere Antinährstoffe des Getreides unter die Lupe nehmen werden. Denn nicht immer ist Gluten der alleinige Verursacher von Unverträglichkeiten.
Kommentar schreiben